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Wem gehört der Fernsehsessel?

Dominanzprobleme beim Hund

Wem gehört der Fernsehsessel?????

Spätestens wenn der Besitzer vom Hund gebissen wird, dürfte ihm klar sein, dass er ein Problem mit ihm hat. Anderen Besitzern wird dieses schon klar, wenn der Hund nach ihnen in der Luft schnappt, ihnen die Zähne zeigt oder sie vielleicht nur leise verhalten anknurrt.
In der Regel wird erst bei offen aggressiven Verhalten des Hundes erkannt, dass etwas schief gelaufen ist. Doch jedes offen aggressive Verhalten hat eine mehr oder weniger lange Vorgeschichte, in der der Hund schleichend gelernt hat, seine erwachsenen menschlichen Rudelmitglieder nicht mehr als ihm überlegen anzusehen.

Gehorcht ein Hund nicht, ist das ein Zeichen dafür, dass er nicht untergeordnet ist und seine Menschen nicht als Leitfiguren ansieht.

Der Hund testet aus, wie weit er bei seinen Menschen gehen kann. Anfangs stellt er beim Spaziergang vielleicht nur plötzlich seine Ohren auf Durchzug. Obwohl keine große Ablenkung vorhanden ist, bequemt er sich erst nach mehrmaligem Rufen zu seinem Besitzer zurückzukehren.

Er ignoriert Befehle oder grummelt beim Fressen vor sich hin, wenn sein Besitzer die Frechheit besitzt, sich ebenfalls in der Küche aufzuhalten.

Bei der Fellpflege versucht er ständig zu entwischen. Bekommt er mit, dass er gebadet werden soll, versteckt er sich unter dem Sofa und antwortet auf alles Locken nur mit Drohgeknurre.
Die Anfangstadien der Machtübernahme des Hundes verlaufen meist so harmlos, dass dem Besitzer nichts auffällt oder es es als nicht schlimm betrachtet.
Doch ehe Sie sich versehen, erobert sich der Hund immer mehr Nischen und setzt seinem Menschen Verbote, wie zum Beispiel:

Er duldet plötzlich seine Menschenn nicht mehr in seiner Nähe, wenn er frisst. Der Hund bestimmt, ob und welche Besucher die Wohnung überhaupt noch betreten können. Seine Verbote spricht er zunächst nur durch Knurren, dann durch Schnappen und schließlich durch Beißen aus.
Die Besitzer sind vom ersten offensichtlich aggressiven Anzeichen ihres Hundes so überrascht, dass sie teils aus Überraschung, teils aus Angst instinktiv zurückweichen, womit der Hund für sich positiv gepunktet hat.

Sein Verhalten war so erfolgreich, also wird er es wieder probieren!

Die wenigsten Hundebesitzer sind so reaktionsschnell und beherzt, den Hund entweder sofort mit drohenden Blicken oder mit tiefer Stimme dazu zu bewegen, sich unterzuordnen. Genau diese Reaktion auf den ersten aggressiven Versuch des Hundes, wäre aber erforderlich.

Dominant veranlagte Hunde werden jedoch die Cheffrage trotz dieser Maßnahme noch häufiger stellen, insbesondere in der Pubertät und vor allem Rüden.



Anzeichen für Dominanzprobleme

An folgenden Verhaltenweisen sind eventuelle Dominanzprobleme zu erkennen:

- Anknurren
- Fletschen
- in die Luft schnappen
- Beißen


Eine wirkliche Klärung ist nur durch die Analyse jedes Einzelfalles möglich.

Die oben genannten Reaktionen können sich in folgenden Situationen zeigen:
- körperlich Nähe
- Störung beim Fressen
- Fellpflege.

Dominanz zeigt sich nicht nur aktiv in aggressivem Verhalten, sondern auch in passiver Dominanz:

- Nichtbefolgen von Befehlen
- zögerliches und unkorrektes Ausführen von Befehlen
- ständiges Zerren an der Leine
- Weigerung den Liegplatz zu verlassen
- Vorlaufen durch Türen und Gänge, sowie auf Treppen
- aggressives Verhalten gegenüber anderen Hunden
- nachdrückliches Einfordern von Aufmerksamkeit
- Besetzung strategisch wichtiger Plätze in der Wohnung z.B. Flur, Treppenabsatz
- Bestreben, möglichst auf erhöhten Liegeflächen zu liegen, wie Sofa, Bett, Küchenschrank, etc.
- ständiges Markieren
- "Nicht abgeben" von Gegenständen.

Hierzu einige Beispiele:
Wenn der Hund aus dem Fernsehsessel springen soll, dreht sich der Hund auf den Rücken und verlangt Streicheleinheiten.

Beim Spaziergang kommt er zwar auf Zuruf sofort zurückgelaufen, dreht aber zunächst noch seine Kapriolen um den Besitzer.

Wird von Ihm “Platz” verlangt, gibt er Pfötchen.

Soll er still liegen, schnappt er sich nach kurzer Zeit ein Spielzeug und bringt es wedelnd seinem Besitzer, etc.

Solche Hunde bringen ihre Besitzer zwar meist nicht in Gefahr, weil sie sich nicht aggressiv verhalten, aber erzieherische Bemühungen sind oft erfolglos. Als lustige, häufig temperamentvolle Hunde bestimmen sie mit Charme, wo es im Familienrudel langgeht.
Die Besitzer sind sich dessen entweder nicht bewusst oder belächeln es. Dabei wird jedoch vergessen, dass Erziehung und Gehorsam für den Hund lebensrettend sein kann.
Zudem kann passiv dominantes Verhalten in aktiv dominantes Verhalten umschlagen.



Was tun bei Dominanzproblemen?
Es
müssen folgende drei Aspekte näher betrachtet werden:

- alltäglicher Umgang mit den Hund
- Aufbau, bzw. Festigung der Bindung
- Erziehung

Alltäglicher Umgang
Sie allein sollten bestimmen, wann Sie sich mit ihrem Hund beschäftigen wollen, wann Sie das Spielen beginnen und wann sie es beenden. Das darf aber auf keinen Fall heißen, dass Sie sich ihm nun weniger widmen als sonst. Nur die Aufforderungen und Beendigungen sollten von Ihnen ausgehen.

Der Hund bekommt nur sein Spielzeug nur, wenn Sie mit ihm spielen wollen. Wenn Sie entscheiden, dass genug gespielt ist, räumen Sie das Spielzeug wieder weg.

Zerrspiele und alle Spiele, bei denen es um ein Gewinnen geht, sind tabu, es sei denn, Sie sind sich ihres Sieges gewiss.

Sie machen tägliche Körperpflege mit dem Hund, auch wenn es gar nicht nötig wäre. Schmusen Sie dabei mit Ihrem Hund. Rollen Sie ihn auch auf den Rücken und halten ihn dort.

Kraulen Sie nie Brust und Bauch, sondern hauptsächlich Nacken, Rücken und Läufe.

Füttern Sie aus der Hand und ausschließlich als Belohnung für die Ausführung eines Kommandos.

Erhöhte Sitzplätze sind tabu. Indem Sie den Hund auf den Boden verbannen, erniedrigen Sie im wahrsten Sinne des Wortes seine Position. Hilfreich ist es, den Hund im Haus an eine Nylonleine zu nehmen, die er hinter sich herschleppt. Sollte er auf den Platz gesprungen sein, auf den er nicht darf, kann man ihn mittels Leine hinunter führen.

Er soll nicht im Schlafzimmer schlafen und schon gar nicht in Ihrem Bett.

Er darf nicht auf strategisch wichtigen Plätzen liegen. Verhindern Sie den Zugang durch Schließen von Türen oder durch das Verbauen mittels Kindergittern.

Machen Sie zweimal täglich fünf bis zehn Minuten Erziehungsübungen, die Sie mit dem Füttern des Hundes verbinden können.

Legen Sie den Hund an einer Stelle des Raumes ab und setzen Sie sich neben ihn auf den Boden, ohne ihn jedoch zu beachten, zu streicheln etc. Tun Sie so als würden Sie lesen. Steigern Sie die so verbrachte Zeit von anfangs einer Minute auf 30 Minuten.
Bleibt er 30 Minuten zuverlässig liegen, bewegen Sie sich im Zimmer. Schließlich gehen Sie in einen anderen Raum. Der Hund muss liegen bleiben. Dies sollten Sie einmal täglich machen.

Verbauen Sie ihm mögliche Unterschlupfplätze, in die er sich verkriechen und Sie von dort aus anknurren könnte.

Gehen Sie bei Treppen / Türen / schmalen Durchgängen etc. grundsächlich voraus.

Sorgen Sie für mehr Auslastung des Hundes.



Der Hund braucht eine Aufgabe
Das Schicksal der meisten heutigen Hunde ist es, als reine Familienvierbeiner unterbeschäftigt zu sein. Es fängt damit an, dass die wenigsten Hunde den Auslauf zu bekommen, den sie brauchen, um ihrem Bewegungsdrang zu stillen. Sehr viele Rassen und Mischlinge brauchen mindestens zwei, drei Stunden pro Tag Zeit, die in ihrem hektischen Leben die wenigsten Hundehalter aufbringen wollen.

Doch es mangelt den Hunden nicht nur an körperlicher, sondern auch an geistiger Auslastung. Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass der Mensch den Hund zu bestimmten Zwecken domestizierte. Über die Jahrtausende hinweg war der Hund stets mehr als “nur” der treue Freund des Menschen, sondern er musste “arbeiten” - Haus und Hof beschützen , Viehherden hüten und verteidigen, Lasten ziehen, auf die Jagd gehen. Entsprechend wurden die unterschiedlichsten Rassen für die unterschiedlichsten Aufgaben durch gezielte Selektion gezüchtet. Auch unsere heutigen Hunde tragen diese spezifischen, genetischen Veranlagungen noch in sich. Von Rasse zu Rasse ist der Drang, Beschäftigung haben zu wollen, natürlich unterschiedlich - es gibt sehr genügsame Rassen, aber eben auch Hunde, die geradezu nach Aufgaben lechzen.

Natürlich kann kaum jemand seinem Hütehund eine Herde, seinem Jagdhund eine Pirsch etc. bieten. Aber man kann dem Hund ermöglichen Ersatzbeschäftigungen auszuüben. Auch das Beibringen von “ Kunststücken” wie Pfötchen geben, die Zeitung holen, sich tot stellen etc. sind geistige Herausforderungen für den Hund. Mit etwas Phantasie und Begeisterungsfähigkeit kann man Hunden viele Sachen beibringen.

Auch Hundesport, Agility oder eine der vielen anderen Hundesportarten bieten sich an.
Es kommt gar nicht so sehr auf den eigentlichen Inhalt an, sondern darauf, sich aktiv mit dem Hund zu beschäftigen und ihm neue Herausforderungen anbieten.

Minimalanforderung sollte sein,immer mal wieder in anderen Gegenden spazieren zu gehen. Der ewige gleiche Trott mit den ewigen gleichen Sinneseindrücken und Hundebegegnungen stumpft Hunde ab.

Körperliche und geistig ausgelastete Hunde sind ausgeglichenere, zufriedenere Hunde, die dann wiederum Ihren Erziehungsbemühungen leichter zugänglich sind.

Aufbau und Festigung der Bindung
Widmen Sie ihrem Hund eher mehr Zeit, in der Sie sich voll und ganz auf ihn konzentrieren und er merkt, dass nun nur Sie beide etwas miteinander anfangen. Ein Vierbeiner, dessen Aufforderungen beständig ignoriert werden, lechzt geradezu danach, endlich Aufmerksamkeit zu bekommen und wird freudig mittun.

Erziehung
Haben Sie bislang kaum Erziehungsbemühungen investiert und / oder wissen Sie nicht, wie sie es anstellen sollen, machen Sie einen Erziehungskurs bei einem Ausbilder mit. Man bekommt die nötige Anleitung und ist stärker motiviert, auf den Erfolg seiner Erziehungsbemühungen zu achten.

Deeskalation
Vermeiden Sie so oft wie möglich, Situationen in denen Ihr Hund aggressiv reagiert, anstatt es auf eine gezielte Provokation ankommen zu lassen. Dies gilt insbesondere für größere Hunde und solche, die bereits beim Stadium des Schnappens angekommen sind.

Dies erreicht man durch vorausschauendes Denken, bzw. eine entsprechende Wohnungsgestaltung (indem man dem Hund beispielsweise den Zugang zu seiner Höhle verstellt, ihm einen anderen Schlafplatz zuweist etc.)

Liegt er beispielsweise in seinem Körbchen und knurrt jeden an, der vorüber geht, schreien Sie nicht gleich los, sondern geben
Sie ihm ruhig ein Ersatzkommando, wie z.B. bei Fuß, Sitz oder Platz. Wenn Sie einen solchen Befehl gut mit ihm geübt haben, ist es in Konfliktsituationen häufig ein probates Mittel, dem ausflippenden Hund einfach diesen Befehl zu geben ohne ihn zu berühren.

Sie müssen immer Ruhe bewahren, dem Hund Gelassenheit, Entschlossenheit und Sicherheit demonstrieren. Keinesfalls dürfen Sie ihm Angst, Unentschlossenheit oder gar Panik zeigen. Schätzen Sie eine Situation so ein, dass Sie momentan keine Chance haben, den Hund von seinem unerwünschten Verhalten abzubringen, tun Sie besser so, als würden Sie dieses gar nicht bemerken und benehmen sich völlig unbekümmert.


Dominanzproblem oder nicht?
So wichtig es ist, als Hundehalter die Rangordnung im Familienrudel stets zu beobachten und unter Kontrolle zu halten, so bedeutet dies jedoch nicht, in allen Schwierigkeiten mit dem Hund gleich ein Dominanzproblem zu sehen.

Nicht jeder Hund, der seinen Besitzer anknurrt, tut dieses, um ihn zu dominieren. Häufig ist der Hund durch das Verhalten seines Besitzers verstört, verängstigt, fühlt sich in die Ecke getrieben und knurrt, schnappt oder beißt aus einer Abwehr heraus, weil er das Gefühl hat, sich verteidigen zu müssen.

Nicht jede Form des Ungehorsams bedeutet, dass ein Hund seinen Besitzer nicht als Boss respektiert. Zwar ist es sicherlich richtig, dass man einen jagenden Hund, wenn überhaupt, nur aus eigener Dominanz und äußerst konsequenten Erziehung davon abbringen kann; es wird aber eher der Fall sein, dass der Jagtrieb mit dem Hund durchgeht.

Ein Hund, der aus Panik vor Autos wie wild an der Leine zerrt um von der Straße wegzukommen, stellt damit nicht primär das Recht seines Halters in Frage, den Spaziergang bestimmen zu können.

Er wird von seiner Angst so bestimmt, dass für ihn im Moment nur die Unsicherheit zählt und sonst gar nichts. Ein Hund, der aufgrund mangelnder Sozialisation mit anderen Hunden im Welpenalter ein gestörtes Verhältnis zu seinen Artgenossen entwickelt hat und diese nur noch “ fressen” will , kann zwar nur mittels Dominanz seines Besitzers unter Kontrolle gebracht werden, doch muss seine Aggression gegenüber den Artgenossen nicht ein Infragestellen der Position des Besitzers bedeuten.

Ein Hund, der an der Leine zieht, ist nicht automatisch schlechter untergeordnet als einer, der nicht an der Leine zieht.
Einzelne Verhaltensweisen allein bestimmen also nicht, wie der Hund seine Rangposition einschätzt, sondern die Gesamtheit seiner Verhaltensweisen.

Im Zweifelsfall sollten Sie sich professionelle Hilfe suchen.